Abb. 116.
Walburga-Teppiche
Eichstätter Benediktinerinnen-Abtei St. Walburg
Nürnberg, Eichstätt, 1465–1520
Diese Abbildung 1465–1520 der gütig lächelnden Heiligen Walburga (710–779)
zählt zu den ältesten. Die Serie wurde in der Eichstätter Benediktinerinnen-Abtei
St. Walburg gewoben. Somit zählt dieser Teppich zu den Referenzabbildungen
der Heiligen Walburga.
Die Heilige Walburga hält in Ihrer linken Hand ein Objekt mit einem weissen, gebauchten Körper, auf dem sich ein kleines, rotes Teil, in der Form eines jungen Fliegenpilzhutes mit weissen Punkten und Strichen, befindet. Das Objekt
entspricht dem Amanita muscaria im jungen Wachstumsstadium, siehe Vergleichspilz. Der junge Pilz wurde zur Anschauung freigelegt und platziert.
Die Erdreste sind am sehr gebauchten Stiel zu erkennen. Der rote Fruchtkörper beginnt das Velum universale zu durchstossen. In jüngeren Abbildungen hält Sie
in Ihrer linken Hand stets ein Fläschchen oder kleines Gefäss für das
Walburgisöl.
Die mittelalterliche Hexenlehre ist teilweise wissenschaftlich erforscht. Hauptelement ist die Flugsalbe (Hexensalbe), neben dem Hexenflug, Hexentanz
und Hexensabbat. Die päpstliche Bulle „Summis desiderantes affectibus“ oder Hexenbulle von 1484 war der Vorläufer des Hexenhammers von 1486. Der
Verfasser des Hexenhammers, Heinrich Kramer (Henricus Institoris), war ein Dominikaner, die bekannt sind für ihre inquisitorischen Tätigkeiten. Mit ca.
10`000 Exemplaren war die Auflage extrem hoch. Bibelauflagen waren deutlich niedriger. Die Schrift wurde gedruckt, um Hebammen, Kräuterfrauen und
Alchemisten zu foltern und auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Sie
beschreibt, dass der Inhaltsstoff der Hexensalbe aus Extremitäten von
ungetauften Kindern bestehe. Hexen würden die Salbe nach Anleitung eines
Dämons herstellen. Die Taktik dieser Lüge funktionierte. Der Vatikan liess
deswegen unschuldige Menschen auf dem Scheiterhaufen verbrennen.
Das Bistum Bamberg wurde aus Teilen von Eichstätt und Würzburg gegründet. Bamberg war ein Zentrum der Hexenverfolgung und -folterung. 1627 wurde für
diesen Zweck in Bamberg das Drudenhaus erstellt (Malefizhaus, Trudenhaus, Hexengefängnis, Foltergefängnis), siehe Abb. 54./55. Bamberger Apokalypse.
Der Hexenflug beschreibt die Annahme, dass Hexen auf Stühlen, Besen, Rechen, Ziegenböcken etc. durch den Nachthimmel fliegen. Einmal im Jahr, in der Walpurgisnacht, versammeln sie sich an einem speziellen Ort. Wenn alle Hexen eingetroffen sind, beginnen sie mit dem Hexentanz. Die Bezeichnung
Walpurgisnacht leitet sich von der Heiligen Walburga ab, deren katholische Heiligsprechung am 1. Mai, 870 stattfand.
Abraham von Worms, ein jüdischer Kabbalist aus dem 14. Jh., berichtet in
seinem Buch „Buch der wahren Praktik in der göttlichen Magie“ von einer Salbe,
die er selbst ausprobierte und dabei Effekte erlebte, die er mit dem Wort
„fliegen“ beschreibt. Bezüglich Kabbala, siehe Abb. 99. Bezüglich Salbung mit Fliegenpilz, siehe Abb. 108.2. Gumpertsbibel - UER MS 1.
Vergleichspilz: Amanita muscaria (Fliegenpilz) im jungen Wachstumsstadium.
Aufbewahrungsort: Domschatz- und Diözesanmuseum Eichstätt
Bildquelle: heiligenlexikon.de/
Bildquelle Vergleichspilz: asergev.com